Willkommen im Dreck – dank Pilates und Yoga

Willkommen im Dreck – dank Pilates und Yoga

Kaum ist das Wasser einigermaßen aus meinem Schuh entwichen, erscheint das nächste Schlammloch vor mir. Das erste kostete mich noch Überwindung, jetzt springe ich einfach rein. Mein Vordermann rutscht beim Versuch den glitschigen Hang hinauszuklettern ab, ein fetter Spritzer Dreck landet in meinem Auge. Rauswischen geht nicht, jeder Zentimeter meines Körpers ist voll Dreck… Ich helfe meinem Vordermann, indem ich seinen Po nach oben drücke – im Gegenzug erhalte ich seine helfende Hand, die mich aus der braunen Suppe heraus zieht. Und wieder laufe ich, Klamotte und Schuh triefend nass und schwer, auf das nächste Hindernis zu…

„Willkommen im Dreck“ – so lautet das Motto des Motormanrun, dem ersten Matsch- und Modderlauf meines Lebens. Nur den „kleinen Lauf“, also eine von zwei 8 km langen und mit 40 Hindernissen gespickten Runden. Strohballen, Kabeltrommeln, Schlammlöcher, Wassercontainer und viele weitere kleine und große Gemeinheiten erfreuten vor allen Dingen die Zuschauer des Laufs. Ich wollte nur einen Scherz machen und klick… „Wir sind angemeldet“, verkündete mein Mann. Warum kann ich eigentlich nie meinen Mund halten?

Und jetzt? Wie vorbereiten? Was muss ich können?

Erst einmal Druck aufbauen und möglichst vielen Menschen davon erzählen – das macht das Kneifen später verdammt schwer. Und dann:

  1. Laufen, Ausdauer trainieren. Darin bin ich gut – ich kann lange laufen, nur nicht schnell.
  2. Kraft aufbauen und beweglich sein – mehr Pilates!
  3. Und ganz wichtig: Nur nicht nervös werden, ruhig bleiben – also ab ins Yoga.

Mein Trainingsplan war geboren: Drei Baustellen – drei Methoden, diese zu bearbeiten.

Laufen

Zweimal in der Woche Joggen. Zusammen mit meinem Mann. Zu zweit trainiert es sich leichter, selbst wenn ich mal keine Lust habe. Das Wundersame am Laufen ist, dass es sich meist nach 15 Minuten richtig gut und danach grandios anfühlt. Noch dazu stärkt Laufen in der Natur enorm die Abwehrkräfte. Das ist nicht verkehrt, wenn man egal bei welchem Wetter 8 km komplett durchnässt und verdreckt quer durchs Feld läuft oder robbt.

Kraft und Beweglichkeit aufbauen

Zweimal in der Woche Pilatestraining- 60 min und mein Körper ist von Kopf bis Zeh trainiert. Das ist effektiv und effektiv ist gut. Die Hindernisse sind nicht ohne. Dank Push-ups (Liegestütz, nicht BH!) und Planke kann ich mich hoch drücken oder ziehen, z.B. einen 3,5-Meter-Strohballenturm. Ich bin beweglich genug, um mein Bein an meinem Gesicht vorbei über die Containerwand zu schwingen, habe genug Körperspannung, um schnell und konzentriert ohne Stolpern über den Berg Autoreifen zu balancieren. Ich robbte, ich zog, rutschte, kletterte, krabbelte – es ist erstaunlich, wieviel Kraft ich aus meiner Körpermitte ziehen konnte und mit wieviel Kontrolle und Konzentration ich die Hindernisse überwand. Dachte ich vor dem Lauf, die Hindernisse sind das Schlimmste, erwartete ich nun jedes einzelne mit Spannung und Freude.

Ruhe bewahren

Als Kopfmensch bin ich in der Lage mir unzählige Szenarien auszumalen und mich richtig schön in nervöse Fahrt zu bringen. Wie kann ich es also schaffen, mein Kopfkino auszuschalten, um nicht schon vor dem Startschuss mit über 200 Puls umzufallen? Ich gebe zu, ich habe etwas gebraucht, um mit Yoga warm zu werden. Das lange Stillsitzen und Atmen hat mich am Anfang extrem irritiert – und war so furchtbar unbequem… Mittlerweile schätze ich es sehr. Ich habe gelernt meine Gedanken ziehen zu lassen und mich nur auf meine Atmung und meinen Körper im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Fühlte ich mich zu Beginn verknotet oder ungelenk in den Asanas (Yoga-Positionen), eröffnete mir eine bewusste Atmung ungeahnte Flexibilität. Einatmen, ausatmen. Eins nach dem anderen. Hindernis für Hindernis. So stand ich tatsächlich sehr entspannt am Start.

Fazit

Die Frage ist, ob ich den Baustellen in meinem Leben nicht auch so entgegen treten kann? Ich denke, eine Übertragung macht durchaus Sinn: Mit einem ruhigen (manchmal langem) Atem, innerer Stärke und einer Prise Gelassenheit lassen sich Hindernisse doch viel leichter überwinden. Für mich also mein perfekter Trainingsplan. Und am Ende bin ich mit meinem Mann als Paar 17 von 70 ins Ziel gelaufen – so sehr im Glückstaumel, dass die paar Blessuren nicht der Rede wert waren.

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Donnerstag, 1. Oktober 2015
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